Orientreise Kaiser Wilhelm II

Orientreise Kaiser Wilhelm II: Vor mehr als hundert Jahren brach der deutsche Kaiser Wilhelm II. zu einer ausgedehnten Pilgertour in den Nahen Osten auf, die unter Mitwirkung des Londoner Reisebüros Thomas Cook & Sohn organisiert worden war und 26 Tage dauerte. Hier lesen Sie alles über die Kaiser Reise in den Orient 1898.

Orientreise Kaiser Wilhelm II

Ausritt des Kaiser aus Zeltlager bei Jerusalem

Orientreise Kaiser Wilhelm II

An Bord der kaiserlichen Yacht „Hohenzollern“ ging es zunächst Richtung Bosporus, wo man am 18. Oktober 1898 vor Anker ging, dem Sultan seine Aufwartung machte, ihn mit reichlich Geschenken bedachte und gemeinsam mit ihm an der feierlichen Eröffnung der Bahn-Endstation Haidar Pascha teilnahm. Ein Auftakt nach Maß für die Kaiser Reise in den Orient, der gute Erfolgsaussichten für die weitere Reise verhieß und vorherige Unkenrufe vergessen ließ. Am 29. Oktober 1898 hielten der Kaiser und sein ansehnliches Gefolge mit reichlich Pomp Einzug in Jerusalem. Zwei Tage später wohnte er dort der Einweihung der protestantischen Erlöserkirche bei. Station machte er danach noch in Beirut und am 8. November 1898 in Damaskus, wo er in einer Aufsehen erregenden Rede die Freundschaft der Deutschen mit den Muslimen und dem als Kalifen verehrten osmanischen Sultan beschwor. Zum einen sicher eine höfliche Geste an den Gastgeber, der seiner kaiserlichen Gast aus Deutschland gebührend zu hofieren verstand. Zum anderen dürfte die kaiserliche Bekundung von Damaskus auch ein deutlicher Fingerzeig für die neue, nach Macht und Einfluss im Osmanischen Reich strebende Elite gerade aus den Reihen der Jungtürken gewesen sein, die auf Modernisierung setzte und sich aufgeschlossen für entsprechende Geschäfte zeigte. Dass das alte Sultans-Regime im Grunde abgewirtschaftet hatte, darüber war man sich in Berlin längst im Klaren gewesen. Ursprünglich angedacht war im Rahmen der Orientreise Kaiser Wilhelms II auch ein Besuch Kairos. Allerdings wurde der Abstecher in die ägyptische Metropole noch vor Antritt der Reise aus dem Besuchsprogramm genommen – aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Es war die Zeit anarchistischer Umtriebe, die den Monarchen Europas und ihren Parteigängern sichtlich zu schaffen machte und Angst einflößte. Für die Briten, die Ägypten vollends beherrschen wollten und das aufstrebende deutsche Kaiserreich zunehmend als Konkurrent wahrnahmen, war es folglich ein Leichtes, ein derartiges Szenario zu bemühen, um unerwünschten Besuch fernzuhalten.

Orientreise Kaiser Wilhelm II – Buchvorstellung

Die Kaiser Reise in den Orient fand in den Folgejahren in geschichtlichen Abhandlungen, wenn überhaupt, meist aber nur am Rande Erwähnung und wurde allzu oft und gern auf Mächtegezänk, Säbelrasseln und schnödes Profitstreben reduziert.

  • Aber war es wirklich an dem oder gab es da nicht mehr?
  • Was hatte es eigentlich auf sich mit der deutschen Orientpolitik an Wende zum 20. Jahrhundert. Gab es sie überhaupt als etwas kompaktes Ganzes?
  • Hatte sie gar einen kolonialen Zuschnitt und
  • wer waren ihre Protagonisten und Nutznießer?

In dem vorliegenden Sammelband über die Orientreise Kaiser Wilhelm II aus der Berliner Trafo Verlag „Des Kaisers Reise in den Orient 1898“ (Hrsg. Klaus Jaschinski/Julius Waldschmidt – ISBN 3-89626-257-2) wird im Rahmen von 10 Kapiteln diesen Fragen nachgegangen und die Bandbreite der außen-, wirtschafts- und militärpolitischen Implikationen einschließlich zionistischer Bestrebungen, mit deutscher Hilfe einen eigenen Staat der Juden zu installieren, ausgeleuchtet. Orientreise Kaiser Wilhelm II: Der hier gespannte Bogen der Betrachtungen über die Kaiser Reise nach Jerusalem reicht aber noch weiter. Gegenstand sind hier des weiteren auch

  • „A most favourable impression upon all classes:“ Wilhelm II., Sozialdemokraten, Muslime und Nordamerikaner 1898.
  • Die deutsche Militärmission im Osmanischen Reich und der Kampf des Deutschen Orient-Korps.
  • Die Deutsche Orient-Gesellschaft und ihr Engagement bei der Wiederentdeckung alter Kulturschätze.
  • Die deutschen Mediziner und ihr Beitrag zur Bekämpfung von Tropenkrankheiten im Vorderen Orient sowie
  • Ziele und Folgen der Orientreise Wilhelm II in kirchengeschichtlicher Retrospektive.

Orientreise Kaiser Wilhelm II

Zweifelsohne war die Orientreise Kaiser Wilhelms II. in weiten Teilen des deutschen Protestantismus, wie der in breiten Öffentlichkeit überhaupt, recht populär. Dennoch fehlte es nicht an Kritik. Sie kam unter anderem aus den Reihen der liberalen Theologie, wobei das offizielle deutsche Stillschweigen über die Armenier Pogrome von 1894 bis 1896 gerade hier heftigst Grund bot, Anstoß zu nehmen. Ebenso gegeben sind Bezüge zum Thema Ökumene in recht kritischer Natur. Wilhelm II. war gewiss beeindruckt gewesen, von dem, was er in der Heiligen Stadt Jerusalem zu sehen bekommen hatte. Es drängte sich ihm nach eignen Worten aber auch mit kritischem Blick der Eindruck auf, als würde hier eine Art Wettbewerb oder Wettrennen ausgetragen nach den höchsten Türmen und größten Kirchen – eine Ausstellung von Kirchenmodellen halt. Orientreise Kaiser Wilhelm II: Obwohl Wilhelm II. Ägypten ferngeblieben war, strahlte seine Orientreise auch dorthin merklich Impulse aus. Das mit ihr deutlich bezeugten deutschen Interesse an der Nahost-Region kam gerade der deutschen Ägyptologie sehr gelegen. Mit quasi offiziellem Wohlwollen in Hinterhand ließ sich halt besser auftrumpfen gegenüber Mitbewerbern, besonders wenn es um erfolgversprechende Ausgrabungen ging. Orientreise Kaiser Wilhelm II: In der Tat nahmen die Ausgrabungen danach deutlich zu Im Pyramidenfeld des Ne-user-re bei Abusir wurden zwischen Januar und März 1902 so umfangreiche Funde gemacht, dass insgesamt 17 Sammlungen in Deutschland davon profitieren konnten. Und nicht zu vergessen, die Entdeckung der Nofrete – der großartigste Fund einer bunten Büste, den die deutsche Ägyptologie Jahre später für sich verbuchen konnte.

Orientreise Kaiser Wilhelm II

Das wirtschaftlich größte Projekt, das mit der Orientreise Kaiser Wilhelms II Auftrieb bekam und stets ins Feld geführt wird, wenn es um die Rivalität der Mächte in der Region geht, die geradewegs in den ersten Weltkrieg mündete, war der Bau der Bagdadbahn. Dass der deutsche Bahnbau durchaus extreme Herausforderungen meistern konnte, hatte er schon vor der Orientreise Kaiser Wilhelms II mit dem Bau der Hedschas-Bahn deutlich unter Beweis gestellt. Es lag auch nicht so sehr an der verkehrstechnischen und handelspolitischen Relevanz der Bagdadbahn, an der sich in den Hauptstädten der führenden europäischen Mächte die Gemüter entzündeten. Was dieses gigantische Bauprojekt darüber hinaus vermittelte, war gleichsam die Tatsache, dass den Bestrebungen, das Osmanische Reich aufzuteilen, wie es vor allem vom russischen Zarenreich favorisiert wurde, von deutscher Seite eine klare Absage erteilt worden war. Kaiser Wilhelm II. und das deutsche Kaiserreich agierten hier quasi als imperiale Spielverderber.

„In der auswärtigen Poltik bin Ich entschlossen, Frieden zu halten mit jedermann, so viel an Mir liegt. Meine Liebe zum deutschen Heere und Meine Stellung zu demselben werden Mich niemals in Versuchung führen, dem Lande die Wohlthaten des Friedens zu verkümmern, wenn der Krieg nicht eine durch den Angriff auf das Reich oder dessen Verbündete uns aufgedrungene Notwendigkeit ist. Deutschland bedarf weder neuen Kriegsruhms noch irgend welcher Eroberungen, nachdem es sich die Berechtigung als einige und unabhängige Nation zu bestehen endgültig erkämpft hat.“

– Zitat gefunden bei Wikiquotes über Kaiser Wilhelm II

Klaus Jaschinski, Berlin, den 13. Juni 2014

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